Obacht! – Humboldtstraße II

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Ein Konvexspiegel dient der besseren Einsicht in schwierige Verhältnisse. Aber was Vorhandenes auf diese Weise spiegelt, birgt auch Gefahren: Verkleinerung, Verzerrung, tote Winkel. Das Werk mancher Philosophen und auch politische Debatten haben Konvexspiegelpotential. Und schnell steckt man selbst im Dilemma. Deshalb: Obacht! Zweiter Blick! Gerade jetzt! Auch in Weimar!

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Fitness – Ettersburgerstraße II

Ettersburgerstraße II

Fitnessübungen lassen sich bestens in den Alltag einbauen. Das ist wichtig, denn durch die kraftintensive Bewegung an der freien Luft werden Kräfte gebündelt und gestärkt. Eine solch öffentlich zugängliche, kostenfreie Fitnessstätte gibt es in der Ettersburgerstraße. Ungeklärt allein ist die Herkunft der Fitnesstreibenden. Menschen mit Kraftausübungsbedarf oder Sturmwinde als Muskelspielende.

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Geheimnisse – Bahnübergang Weimar West

Bahnübergang

Das Licht über dem Andreaskreuz leuchtet. Die Schranken schließen sich. Der Zug kommt. Gezwungenermaßen bleiben die Fußgänger vor den Schranken stehen. Sie schauen auf ihre Smartphones. Hätten sie vorab in den Himmel geschaut, würden sie jetzt vielleicht nach Chemtrails, einer Flugreise oder der Regenwahrscheinlichkeit suchen. Vielleicht aber hätten sie stattdessen für einen kurzen Moment die grenzenlose Freiheit des Himmels vor den geschlossenen Schranken genossen. Was sie nun wirklich auf ihren Bildschirmen erblicken, bleibt ihr Geheimnis. Im schönsten Fall spiegelt sich die wilde Himmelsschönheit darin.

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Wunder – Im Norden

Im Norden

Im Norden gibt es einen Ort der Unverfügbarkeit und des Nichtzugriffes durch die Erwachsenen. Es ist das Reich der Kinder. Hier locken die Verführung des Adrenalinrausches auf dem Weg in die Tiefe und das fröhliche Entweichen vor stets ängstlichen Elternhänden. Aber es ist auch das Reich, der dem Kind gerade Entwachsenden. In der kleinen Höhle können sie sich, geschützt vor den wachsamen Blicken der Erwachsenen, allerlei verbotenen Verführungen hingeben. Es ist ein wunderbarer Ort!

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Marketingstrategien – Theaterplatz

Theaterplatz

Die in Weimar einfallenden Touristen sind wirklich keine einheitliche Masse. Und deshalb wird das Erlebnis Weimar und das damit verbundene Stadtmarketing von Experten auf jede Zielgruppe hin genauestens zugeschnitten. Doch einige der Besucher unterfliegen den Radar der Marketingexperten. Und genau diese Besucher benötigen weder Events noch andere geldverschlingende Aufregungen. Ein paar Brotkrumen reichen ihnen zum Glück. Bei entsprechender Anfrage fänden sich möglicherweise sogar edle Spender. Das wäre Mundpropaganda vom Feinsten. Der Massenanflug wäre sicher. Und schon wäre die neue Zielgruppe erschossen, äh …, erschlossen.

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Seilschaften – Damaschkestraße

Damaschkestraße

Einstmals fuhr hier der Oberleitungsomnibus, den die Weimarer einfach O-Bus nannten. Vermutlich war der Mast die Halterung für die Seilschaften. Sollte das umweltfreundliche O-Bus-System jemals wieder eingeführt werden, dürften die alten Seilschaften natürlich nicht mehr zum Einsatz kommen. Netzwerke müssten her.

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Égalité – Rödchenweg II

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An den Bewohnern des Flüchtlingsheimes entzünden sich seit Monaten die Diskussionen in Permanenz. Der Himmel hinter dem Haus entzündet sich auch. Nur nicht ganz so häufig. Diskutieren darüber aber muss er nicht. Generös schenkt er allen seine Schönheit. Die Herkunft seiner Betrachter ist ihm egal.

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Kunstavantgarde – Schwanseestraße

Schwanseestraße

Weimar, das ist die Stadt, die seit Jahrhunderten Kunst gebärt. Literatur, Musik, Architektur, Design. Die Welt wurde auf schönste, auf künstlerische Weise erobert. Ein Blick in Weimars Schwanseestraße lässt erneut Großes erahnen. Möglicherweise sind wir gerade Zeugen der Geburt einer neuen Kunstform. Wie nur wird sie heißen? Hedge Grafitti, Green Style, Nature Painting? Klar scheint, ein urbaner Kontext fordert eine Neuinszenierung des domestizierten Grüns. Mit dieser Kunstform könnte Weimar nach einem Jahrhundert endlich wieder auf der Weltkarte der künstlerischen Avantgarde erscheinen. Weimarer! Sichert diese Urform! Baut ein Museum!

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Widerstandsnest – Theodor-Körner-Straße

Körnerstraße

In der Disziplin Widerstand belegt die Theodor-Körner-Straße einen echten Spitzenplatz und erweist damit ihrem Namensgeber alle Ehre. Aufrufe zu Kampfhandlungen gegen Nazis finden sich als Grafitti. Aufkleber mit der Anregung zur Kapitalismuszerstörung kleben an den Laternen. Sonntags acht Uhr ist in der ruhigen Villengegend jedoch nicht die rechte Zeit für kämpferische Auseinandersetzungen. Schließlich ist man heute, nicht – wie ehedem Körner – in Gefahr, durch kriegerische Scharmützel ums Leben zu kommen. Im Weimar 2016 kann man gemütlich im warmen Widerstandsnest ausschlafen. Zu Recht, wenn man am Vortag mit 1000 Weimarern durchaus erfolgreich gegen 100 unverbesserliche Nazis demonstriert hat.

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Asphaltgedächnis – Humboldtstraße

Humboldtstraße

Selbst der neu aufgebrachte Asphalt bewahrt hier die Erinnerung an das Abwesende. Ungehindert nimmt der dunkle Einheitsbrei die vormals individuelle Steinform an. Wahrhaft eine Erinnerungsarbeit der besonderen Art. Diese Art der Ausbesserung könnte die Empfehlung an Straßenbauämter und Denkmalschutzbehörden sein. Dürfte Straßensanierung doch kaum kostengünstiger und noch dazu mit historischer Spurenarbeit zugleich zu haben sein. Störten da bloß nicht die auf zwei und vier Rädern unterwegs Seienden!

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